Schwermütige Saxophon-Klänge, grausig zugerichtete Mordopfer und ein einsamer, traurig blickender Dackel: Der dritte Abend des Jazz & Crime Festivals war geprägt von einer gruselig-melancholischen Stimmung. Dazu trug auch der Ort bei, an dem die von Klaus Appel und Flippo Staab musikalisch umrahmte Lesung des Krimi-Autors Dieter Wölm stattfand: der Hörsaal der Pathologie im Klinikum.Dass dieser Veranstaltungsort des Festivals Jahr für Jahr immer als erster ausverkauft ist, liegt wohl an der Neugier des Publikums auf diese etwas makabre Räumlichkeit.
Humorvolle Moderation In dem weiß gekachelten Hörsaal tief im Klinikums-Keller finden zwar gar keine Obduktionen statt, sondern meist Weiterbildungen oder Arbeitsbesprechungen, trotzdem warnt Klaus Appel die rund 70 Besucher in seinen gewohnt humorvoll-ironischen Moderationen davor, in der Pause zu weit in die umliegenden unterirdischen Gänge zu entfliehen: »Es gibt hier eine Menge Türen, die macht man besser nicht auf.« Gast des Abends ist der ehemalige Marketing-Professor Dieter Wölm, der aus seinem Aschaffenburger Regional-Krimi »Weinmordrache« las - nach »Mainfall« und »Blutstern« sein drittes Buch rund um Kommissar Rotfux, der dieses Mal einen besonders brutalen Mord aufzuklären hat. Schon der Tatort bietet eine gespenstische Szenerie: Im Weinkeller des Schlosses Johannisburg hängt zwischen zwei Weinfässern ein Toter, erstochen und zuvor auf schlimmste Art gefoltert. Die gleichbleibend freundliche und in ihrer Monotonie äußerst beruhigende Vortragsweise Wölms steht in interessantem Widerspruch zu den geschilderten Grausamkeiten und Abgründen.
Kuscheln mit Dackel Oskar Am besten unterhalten dürften sich Krimi-Freunde gefühlt haben, die gleichzeitig auch Hundeliebhaber sind, denn heimliche Hauptfigur des Buchs ist Oskar, der Dackel des ersten Mordopfers. Kommissar Rotfux nimmt sich des verwaisten und in seiner Verzweiflung permanent bellenden Tieres an, da er »dieses treue kleine Etwas, das sich an ihn kuschelte«, sofort ins Herz schließt. Der dankbare Hund hilft ihm infolgedessen eifrig bei den Ermittlungen. Gemeinsam machen sie sich auf Mördersuche in und um Aschaffenburg, überleben eine Feuersbrunst und können schließlich die Täter stellen. Die Lese-Sequenzen entwickeln eine hypnotisch-paralysierende Wirkung. Zum Wachwerden zwischendurch ertönen Jazz Standards, von Klaus Appel (Saxophon, Klarinette) und Flippo Staab (Kontrabass) hochklassig und mit melancholisch samtigem Timbre interpretiert.
Ausflug in die Unterwelt Stücke wie »Nuages« von Django Reinhardt oder das unter anderem durch Billie Holidays Version bekannte »Body and Soul« fügen sich perfekt in das dezent unheimliche Ambiente des Raums. Nach zweieinhalb Stunden endet der Ausflug in die Unterwelt. Der große Klinikums-Aufzug befördert die Besucher wieder hinauf, hinaus in die kalte Januarnacht am Hasenkopf. Bellt da nicht von Ferne irgendwo ein Hund? Susanne Hasenstab
Am Samstag, den 22. April 2017 erschien eine schöne, positive Buchbesprechung von Stefan Reis im "Main-Echo". Vielen Dank dafür!
Am 30.04. erschien ein schöner Bericht bei Primavera24. Zugehöriges Bild mit Oskar im Weinkeller siehe nachfolgend. Der Bericht ist unter folgendem Link abrufbar: